25.
Tante Robbies Anruf wunderte Lila nicht. Sie hatte nur nicht so bald damit gerechnet. »Häng nicht auf«, flehte er sofort. Doch das hatte Lila auch gar nicht vor. Sie war zu Tode gelangweilt und brauchte Ablenkung.
Genau wie Robbie danach gierte, an dem Glamour teilzuhaben, brauchte Lila Robbie oder irgendeinen anderen als Zuschauer oder Zeugen. Interviews, Fanpost, Angebote, Einladungen, Publicity verloren an Reiz, wenn man niemanden damit beeindrucken konnte. Darum hatte Lila nicht vor, das Gespräch mit Robbie abzukürzen. Doch leicht wollte sie es ihm auch nicht machen. Sie brauchte ihn nur, damit er ihrem neuen Superplan zustimmte.
»Ich dachte, Lila... Ich meine, wir sind schon seit vielen Jahren befreundet. Eigentlich seit du ein Baby warst. Es ist doch dumm, wenn wir uns streiten. Ich bin dir nicht böse.«
»Was soll das überhaupt? Was spielt es für eine Rolle, ob du mir böse bist oder nicht?«
»Nun ja, ich meine nach unserem Krach und so. Ich trage dir nichts nach.«
»Warum solltest du das auch?« staunte sie.
»Du hast mich immerhin rausgeworfen.«
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, Robbie.«
Darauf schwieg er eine Minute. »Zugegeben, ich hätte nicht von deiner Mutter anfangen sollen. Aber deine Reaktion war nun wirklich etwas übertrieben.«
»Warum rufst du mich überhaupt an? Um mir zu sagen, daß ich dir Unrecht getan habe? Das ist nicht gerade schlau, wie? Denn nicht ich war diejenige, die unrecht hatte.« Lila wollte Robbie unbedingt vor sich im Staub wissen. Allerdings mußte das bald sein. Lange hatte sie nicht Lust, Robbie zuzuhören. Wenn er nicht mehr zustande brachte, würde sie auflegen.
Robbie jedoch begriff, was von ihm erwartet wurde. »Tut mir leid, Lila.«
»Was tut dir leid, Robbie?« Sie fragte wie ihre Mutter, damals als Lila noch klein gewesen war, wenn sie etwas ausgefressen hatte. Dann mußte Lila sich immer bei den beiden Puppen entschuldigen. Theresa bestand darauf, das kleinste Vergehen breitzutreten.
»Lila, das ist nicht leicht...«
»Da kann ich dir nicht helfen.«
Sie wartete, bis Robbie tief Luft holte. Dann redete er sehr schnell. »Es tut mir leid, daß ich meine Grenzen überschritten habe, Lila. Ich hätte nicht versuchen sollen, dich zu manipulieren. Du hast schon recht. Theresa hat sich alles selbst zuzuschreiben. Das sehe ich jetzt ein. Verzeihst du deinem alten Tantilein?« fragte er in dieser Babysprache, was Lila auf den Tod nicht leiden konnte.
Doch sie imitierte Robbie höhnisch. »Aber das Tantilein war ein böses Tantilein. Es muß bestraft werden, findest du nicht auch, Robbie?«
»Tante Robbie muß bestraft werden, Lila. Was soll sie denn tun?«
Pause. Schließlich wurde Robbie nervös. Er begriff, daß das kein neckisches Geplänkel mehr war. »Was willst du also, Lila?«
»Candy.«
Robbie lachte erleichtert. »Ach, du meinst diese Süßigkeiten! Eine Schachtel Pralinen. Eine Fünfpfundschachtel. Dann können wir eine ganze Nacht lang zusammen Pralinen essen.«
»Nein, Robbie. Ich meine Candy und Skinny.« Lila machte wieder eine Kunstpause. »Eine Entführung. Du weißt, wo die beiden Puppen sind, Robbie. Das kannst also nur du machen. «
»Nein, Lila. Deine Mutter würde...«
»Die ist mir scheißegal.«
»Lila, ich bitte dich!«
»Es ist mir ernst, Robbie.«
»Warum nur, Lila?« Robbie war den Tränen nahe. »Wozu brauchst du die? Du weißt, was das bei...« Er bremste sich rechtzeitig, bevor er Theresas Namen aussprach. »Also gut, ich werde es machen.«
»Braves Tantilein«, lobte Lila.
»Jetzt mußt du mir aber einen Gefallen tun, Lila.«
Herrgott, begriff der denn gar nichts? »Nein, nein, nein! So läuft da nichts, Tante Robbie. Erst den Preis bezahlen. Dann kannst du mich um einen Gefallen bitten.« Sie legte auf.
Das ist eine gute Strafe, fand Lila. Die wird ihm deutlich zeigen, wo sein Platz ist. Außerdem bringt es ihn automatisch auf Theresas Liste unerwünschter Personen. So geht man mit Verrätern um!
Lila lächelte.